RPA-Expertin Sonja Trimmel im Interview
8. März 2023 / Interview mit Sonja Trimmel, Projektmanagerin bei Atos for RPA Projects in DACH & Leader of Atos Global Expert Community Sub-Domain RPA
Sonja Trimmel ist studierte Informatikerin und nunmehr seit acht Jahren für den Digitalisierungsexperten Atos tätig. In die IT ist sie ursprünglich über eine Wette gekommen, mittlerweile ist sie aber zu ihrer Passion geworden. Trimmel hat sich als internationale Expertin im Bereich RPA (Robotic Process Automation) etabliert. Aktuell arbeitet sie unter anderem an einem Whitepaper zum Thema RPA – Details dazu darf sie uns noch nicht verraten. Wir sind jedoch bereits sehr gespannt darauf, nach der Veröffentlichung mehr darüber zu lesen. Im Gespräch erzählt sie uns über ihren Werdegang und spricht darüber, wie sie die Zukunft der RPA sieht.
ADV: Frau Trimmel, Sie sind langjährige Expertin bei einem globalen Player und einem der größten Anbieter von RPA-Dienstleistungen weltweit. Wie sehen Sie derzeit die Nachfrage nach RPA?
Sonja Trimmel: Die RPA-Branche hat sich in den vergangenen drei bis vier Jahren rasant entwickelt. Nicht zuletzt aufgrund der Pandemie hat die Digitalisierung deutlich an Fahrt aufgenommen. Aktuell gibt es innerhalb der Atos-Gruppe weltweit verteilt viele große Abteilungen, die sich der Implementation von RPA-Software verschrieben haben, und diese sind auch alle sehr gut ausgelastet.
ADV: Welche Themen sind aktuell besonders beliebt?
Sonja Trimmel: Eigentlich sind sowohl die klassischen Automatisierungen als auch Hyperautomatisierung stark nachgefragt. Mittlerweile gibt es seitens des Marktes einen hohen Druck, Vorgänge zu vereinfachen. EndkundInnen möchten immer mehr Services on demand elektronisch erledigen – die Implementierung dieser Dienste wird von Kundenseite derzeit stark nachgefragt. Durch zusätzliche digitale Angebote fällt für die Unternehmen unter Umständen auch mehr Arbeit an, das kann durch eine professionelle Prozessautomatisierung gelöst werden. Auch Chatbots werden häufig angefragt.
ADV: Sie schreiben gerade ein Whitepaper zum Thema RPA – an welchen Projekten arbeiten Sie sonst noch?
Sonja Trimmel: Kürzlich haben wir ein größeres Projekt zum Einsatz von Low-Code-Tools zur agilen Softwareentwicklung umgesetzt. Automatisierung kann hier in jeder Phase eingesetzt werden, wenn die Qualität in den Vordergrund gestellt wird. Die Anwendungsmöglichkeiten von RPA sind wirklich sehr breit gefächert. Es gibt zum Beispiel Roboter, welche die automatische Erkennung von handschriftlichen Dokumenten ermöglichen. Hier wird Maschine Learning (ML) weniger für Prognosen, sondern zur verbesserten Erkennung von Laborberichten eingesetzt. Die Handschrifterkennung wird z. B. auch für Anträge etwa bei öffentlichen Stellen eingesetzt. Wir haben immer sehr spannende und vielfältige Projekte und es macht Spaß, sie zu planen und zu implementieren. Dabei darf allerdings nicht vergessen werden, dass Roboter zwar cool sind, aber letztlich sind sie nur ein Werkzeug, das richtig eingesetzt werden muss.
ADV: Wie wird sich RPA Ihrer Meinung nach entwickeln?
Sonja Trimmel: Ich denke, in den kommenden Jahren wird es bei der Automatisierung eine kleine Frustdelle geben. Viele Unternehmen haben ein bisschen hemdsärmelig damit losgestartet und übersehen, dass es Professionalität und eine durchgängige Strategie benötigt. Längerfristig wird sich das Geschäftsmodell „Datadriven Business“ sicherlich durchsetzen. Daten werden automatisch verarbeitet, ausgewertet und auf Basis dessen werden Erkenntnisse gewonnen, die dann in Management-Entscheidungen münden. RPA wird weiterhin sehr wichtig bleiben, doch wird sie für UserInnen mehr in den Hintergrund treten und durch Hyperautomatisierung als eine Art Fugenkleber zwischen den einzelnen Systemen fungieren – mit fließenden Übergängen – ganz so, dass man davon gar nichts mehr merkt. Im Falle von persönlichen Robotern wiederum, die bereits jetzt immer häufiger dafür eingesetzt werden, kleinere Tasks zu erledigen, wird die Verwendung sichtbar bleiben. Der Einsatz dieser wird sicherlich zunehmen.
ADV: Zum Abschluss möchten wir Ihnen noch ein paar persönliche Fragen stellen: Trotz eines langsam einsetzenden Wandels ist die IT-Branche noch immer eher eine Männerdomäne. Wie ist es Ihnen ergangen? Haben Sie diesbezüglich eine unterschiedliche Behandlung erlebt?
Sonja Trimmel: Bei Atos habe ich mich immer sehr gut aufgehoben gefühlt. Ich war zum Beispiel immer wieder bei einem Digitalisierungsfrühstück speziell für Frauen, das war sehr nett und ich konnte gute Verbindungen knüpfen. Bei uns zählt jedoch die Leistung – da macht es keinen Unterschied, ob ich männlich oder weiblich bin. Atos hat sehr viele Angebote, die Privatleben und Beruf flexibel vereinbar machen. Bei uns gehen auch Männer in Väterkarenz und nützen die flexible Arbeitsweise, um für ihre Familien da zu sein. Ich sehe das als Chance, wirkliche Gleichberechtigung voranzubringen.
ADV: Was möchten Sie denn unseren Lesern und speziell Leserinnen mitgeben?
Sonja Trimmel: Ich glaube, dass viele Frauen noch immer vor der IT zurückschrecken und diese Welt als große Unbekannte erleben. Ich würde sagen: Augen zu und durch! Die digitale Transformation bleibt noch lange ein relevantes Thema – und zwar für sämtliche Wirtschaftszweige. Hinzu kommt, dass man sich in viele IT-Projekte selbst stark einbringen und die gesellschaftliche Entwicklung mitgestalten kann. Gerade dieser Aspekt macht es für mich besonders spannend, die Möglichkeit zu haben, aktiv an innovativen Projekten, wie zum Beispiel nachhaltigen Energiethemen, die sehr stark an Digitalisierung verknüpft sind, mitzuarbeiten. Für die IT spricht weiters noch das generell etwas höhere Gehaltsniveau und die flexiblen Arbeitszeitstrukturen.
Herzlichen Dank für das Gespräch!