Frauenpower gegen Schubladendenken
„Technik ist was für Buben, Sprachen sind was für Mädchen“ – und schwupps, schon ist das Phrasenschweinderl wieder ein wenig dicker worden. Leider sind solche Zuschreibungen noch immer im Denken vieler Menschen verankert, und zwar zu beiderseitigem Nachteil. Anlässlich des Weltfrauentages im März lassen wir aber Frauen zu Wort kommen, die diese Rollenbilder aufgebrochen und ihren Weg in der IT gemacht haben.
Mit Barbara Streimelweger, Managing Director & CEO von Stragere Management Consulting, konnten wir eine IT-Expertin für ein Gespräch gewinnen.
Wie sind Sie zur IT gekommen?
Grundsätzlich wollte ich im medizinisch-technischen Umfeld Fuß fassen und hielt hierfür das Studium der Elektrotechnik mit Schwerpunkt Regelungstechnik und biomedizinische Technik an der TU-Wien als die optimale Ausgangsbasis. Allerdings wurde mir schnell klar, dass im Produktmanagement betriebswirtschaftliches Know-how gefragt ist. Dies hat mich dazu motiviert, das Post-graduale Studium der Betriebs-, Rechts- und Wirtschaftswissenschaften an der TU-Wien aufzunehmen, welches ich dann nebenberuflich abschloss.
Zu dieser Zeit erkannte ich den boomenden Bereich der Telekommunikation und bin direkt in die IKT-Branche eingestiegen. Ich befasste mich mit der Konzipierung und Entwicklung von Lösungen für den Enterprise-Bereich, verantwortete in internationalen Konzernen diverse Softwarelösungen wie beispielsweise für Unified Communication, zur Netzwerkadministration und für Event- und Fehlermanagement von Telefonanlagen, leitete Software-Entwicklungsprojekte und hatte bereits damals mit Spracherkennungssystemen zu tun. Lösungen rund um e-Health und mobile Patient-Monitoring oder auch für Leitzentralen brachten den gewünschten Link zum medizinisch-technischen Bereich.
Hatten Sie zuvor Vorbehalte, weil die Branche als von Männern dominiert gilt?
Ich hatte die Chance, bereits in sehr jungen Jahren selbst zu entscheiden, welchen schulischen Weg ich einschlagen möchte und in weiterer Folge, ob ich ein Studium in Betracht ziehen würde. Seitens meiner Eltern erhielt ich die entsprechende Unterstützung. Worte wie „das ist nichts für dich“ oder „das schaffst du sowieso nicht“ kamen dabei nicht vor, im Gegenteil – meine Eltern haben mich stets ermutigt, das zu tun, was mich interessierte. Für mich persönlich spielten daher all diese „traditionellen“ Rollenbilder keine Rolle. Erstmals an der Uni merkte ich dann diese Schieflage von Studentinnen zu Studenten, wo ich in meinem Studium zum ca. 3% Frauenanteil zählte. Im Job erkannte ich dann sehr schnell, „Frauen und Technik“ sind eher a-typisch. Andererseits gab es bereits damals sehr aufgeschlossene Führungskräfte, die bewusst Frauen in der Technik förderten, ohne dass es eine Quote zu erfüllen gab.
Allerdings muss ich eingestehen, dass man sich als Frau damals insbesondere gegenüber Männern fachlich häufiger beweisen musste. Vorbehalte hinsichtlich eines „männerdominierenden“ Jobs hatte ich hingegen nicht. Im Gegenteil, für mich war es Ansporn, dies erst recht zu machen.
Was glauben Sie, warum der Frauenanteil in der Branche nach wie vor gering ist?
Leider gibt es nach wie vor viel zu viele traditionelle Rollenbilder und in diesem Zusammenhang die vermeintlich „geeigneten“ Berufsbilder für Mädchen und Frauen. Diese längst überholte und veraltete Sichtweise wird öfter angetroffen, als vielleicht vermutet, beispielsweise bei älteren Generationen, Großeltern und Eltern, aber auch im schulischen oder auch beruflichen Umfeld.
Mädchen werden damit sehr früh – bewusst oder unbewusst – in Richtung traditioneller Berufe gedrängt und bekommen mitunter gar keine Chance, sich „anders“ zu orientieren oder auszuprobieren. Inzwischen finden wir viele tolle Initiativen an Schulen, FHs und Universitäten sowie von Organisationen, um Frauen in die Technik zu bekommen oder generell für MINT Fächer zu begeistern und damit alte Rollenbilder mehr und mehr aufzubrechen. Natürlich gibt es hier noch Luft nach oben. Dennoch ist es ein wichtiger Schritt nach vorne, Mädchen und Frauen Optionen hinsichtlich ihrer Ausbildung und ihres Berufs aufzuzeigen.
Was muss getan werden, damit sich mehr Mädchen und Frauen für einen Beruf in der IT entscheiden?
Es ist wichtig, dass junge Menschen, d.h. sowohl Mädchen als auch Burschen, bereits so früh wie möglich die Chance erhalten, schulische und berufliche Wege einzuschlagen, welche sie interessieren, unabhängig davon, ob diese auch „passend“ sind oder den elterlichen Klischees entsprechen. Dies bedeutet insbesondere für Mädchen, im gleichen Schritt die Möglichkeit zu erhalten, aus typischen Rollen und Rollenbilder ausbrechen zu können.
Bekanntlich werden Kinder und Jugendliche wesentlich vom elterlichen Umfeld geprägt. Daher sind hier bereits die Eltern gefordert, etwaige alte Rollenmodelle in der Familie und im näheren Umfeld aufzubrechen und ihre Töchter für Naturwissenschaften, Technik und IT zu begeistern. Es ist wichtig und notwendig, den Mädchen Wahlmöglichkeiten hinsichtlich schulischer Ausbildung, Studium und Beruf aufzuzeigen. Nur wer weiß, welche Möglichkeiten geboten werden, kann auch wählen und andere vielleicht atypische Wege einschlagen.
Welche Vorteile bietet ein Job in der IT?
Die IT bietet ein weites Spektrum an vielfältigen und interessanten Jobs, wie beispielsweise in der Forschung und Entwicklung oder als Programmierer:in im klassischen Sinne, Consultant oder Sales Manager:in von Software und Hardware Lösungen.
Darüber hinaus hat sich insbesondere mit der 4. Industriellen Revolution die IT und ihr vielschichtiges Anwendungsgebiet zu einer ständigen Begleiterin entwickelt. Sowohl im beruflichen als auch privaten Umfeld werden wir täglich mit einfachen bis hin zu komplexen IT-Lösungen konfrontiert. Dies reicht von der Bezahlung mit Bankomatkarte oder via Handy, dem Ticket-Kauf für Events sowie öffentliche Verkehrsmittel bis hin zum Einsatz von Künstlicher Intelligenz, wenn wir im Internet surfen.
Langweile kommt im Bereich der IT nur sehr selten vor und es warten spannende Aufgaben.
Frauenpower: Bitte richten Sie einige motivierende Worte an unsere Leserinnen.
Den Leserinnen, angehenden Technikerinnen und IT-lerinnen möchte ich mitgeben, auf die eigenen Fähigkeiten und Stärken zu vertrauen und ihren Weg zielstrebig zu verfolgen und sich nicht sagen zu lassen, was alles unmöglich ist oder nicht geht. „Seid beständig in eurem Streben, lasst euch durch Rückschläge nicht unterkriegen und seht Niederlagen als lehrreiche Erfahrung.“