Frauen in der IT: Raus aus dem Klischee, rein in die IT!
Um mehr Frauen in die (noch) Männerdomäne IT zu bringen, werden sie mit vielen gut gemeinten Tipps überhäuft, was sie sich von den Männern abschauen könnten, um den Einstieg in die Branche zu schaffen. Doch halt – was bringen den Unternehmen denn lauter „Männer 2.0“, wie sollen sie ihr ganzes Potenzial ausschöpfen, wenn homogene Teams den einen oder anderen blinden Fleck nicht sehen können, weil eben alle ähnlich denken, Ähnliches sehen und ähnlich agieren?
Sollte sich daher nicht eher die Frage stellen, was Männer in der IT von Frauen lernen können? Das sieht auch Sabrina Mai so, die Projektmanagerin für digitale Projekte der Verbund AG berichtet uns heute von ihrem Weg in die Branche und ihren Erfahrungen in der IT.
Wie sind Sie zur IT gekommen?
Obwohl ich schon während meiner Schulzeit mit IT-Themen in Berührung kam, war mein beruflicher Schritt in diese Richtung anfangs keine bewusste Entscheidung. In der Unterstufe habe ich mich für den Ausbildungsschwerpunkt Informatik entschieden und wechselte anschließend an die Höhere Graphische Bundes-Lehr- und Versuchsanstalt in Wien. Dort bin ich über meine Abteilung „Multimedia“ intensiv in Kontakt mit neuen Technologien gekommen, allerdings weniger in einem praktisch-technischen als vielmehr in einem angewandt-kreativen Umfeld. Rückblickend hat mir das sicher geholfen, einen niederschwelligen Zugang zur Materie zu bekommen und wahrscheinlich auch gewisse Barrieren auf meinem weiteren Weg abzubauen. Das wurde mir allerdings erst später klar, denn damals hatte ich noch gar nicht vor, IT zu meinem Beruf zu machen.
Mangels Alternativen und mangels Interesse, den klassischen, meiner Ausbildung entsprechenden Weg in eine Werbeagentur einzuschlagen, landete ich zunächst im Kundenservice eines Mobilfunkanbieters. Doch schon nach wenigen Monaten bemerkte ich, dass dies kein Job war, der mich auf Dauer erfüllte, und ich begann mich nach anderen Möglichkeiten umzusehen. Durch einen Wechsel zu einem Beratungsunternehmen kam ich bald intensiv mit IT-Projekten in Berührung. Als Projektleiterin und Assistenz der Geschäftsleitung hatte ich direkten Kundenkontakt, unter anderem mit der Abteilung Digitalisierung von VERBUND. Mein Interesse war sofort geweckt und so bewarb ich mich nach mehreren Monaten erfolgreicher Zusammenarbeit um eine Stelle. Seit Mai letzten Jahres bin ich nun Projektleiterin für digitale Projekte im Bereich Digitalisierung, Informationssicherheit und IT bei VERBUND.
Hatten Sie zuvor Vorbehalte, weil die Branche als von Männern dominiert gilt?
Nein, absolut nicht! Zum einen wurden die praktischen Hindernisse auf meinem Bildungsweg nach und nach beseitigt, zum anderen wurde ich auf eine ganz andere Weise sozialisiert. Zu Hause gab es diese Art von Rollendenken einfach nicht. Mit meinem Vater habe ich zum Beispiel schon als Kind ein bisschen an Autos geschraubt. Deshalb kannte ich Unsicherheit in diesem Sinne überhaupt nicht. Auch bevor ich zu VERBUND kam, hatte ich durch die Zusammenarbeit ja schon einen Einblick in die Abteilung bekommen, weshalb ich bei meiner Bewerbung keinerlei Berührungsängste damit hatte.
Was glauben Sie, warum es nach wie vor wenig Frauen in der IT gibt?
Natürlich ist das nicht überall der Fall, aber ich denke, dass gerade junge Frauen in der Technik noch oft unterschätzt werden. Die angesprochenen Vorbehalte resultieren einfach aus überholten Rollenbildern und der Tatsache, dass diese Karrieremöglichkeiten nicht so wahrgenommen werden. Zum Glück ändert sich das jetzt langsam und Technikerinnen treten heute viel selbstbewusster als noch vor ein paar Jahren auf.
Was muss getan werden, damit sich mehr Mädchen und Frauen für einen Beruf in der IT entscheiden?
Ich denke, es führt kein Weg daran vorbei, mehr Aufklärungsarbeit zu leisten, um diese Tätigkeiten und technischen Berufe besser sichtbar für Frauen zu machen. Junge Frauen können diese Berufe nur ergreifen, wenn sie diese auch als Option wahrnehmen. Wie man das am besten erreicht, ist eine andere Frage, aber die Sichtbarkeit sollte auf jeden Fall im Vordergrund stehen. Ich persönlich denke, dass Vorbilder oder MentorInnen ein sehr gutes Mittel sind, um jungen Frauen den Einstieg zu erleichtern und die Scheu zu nehmen. Unabhängig davon, ob es sich dabei um bekannte Role Models oder einfach um Personen in ihrem persönlichen Umfeld handelt: Je früher man damit beginnt, die Aufmerksamkeit auf Berufe außerhalb der traditionellen Rollenbilder zu lenken, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie später tatsächlich eine solche Karriere anstreben.
Unser CDO Manuel Stecher setzt sich stark für eine gerechte Rollenverteilung in unserem Team ein und hat mich als Mentor dabei unterstützt, in meine Rolle hineinzuwachsen. Ganz unabhängig vom Geschlecht ist ein solches Mentoring in jedem Beruf und jeder Position wahrscheinlich eines der hilfreichsten Mittel, um seine Persönlichkeit zu entfalten. Dank seines offenen Zugangs und der Bereitschaft, Fähigkeiten, Wissen und Sachverstand zu teilen, konnte er schon einige Expertinnen für unser Team gewinnen.
Welche Vorteile bietet ein Job in der IT?
Einer der offensichtlichen Vorteile ist die Krisensicherheit. Die Digitalisierung schreitet in allen Lebensbereichen voran und ohne IT läuft heute kein Unternehmen mehr. Neben dieser Sicherheit hat man persönlich auch den Vorteil, dass man in dieser schnelllebigen Branche immer auf dem neuesten Stand bleibt, was wiederum einen Wissensvorsprung sichert. Aus Frauensicht wird oft übersehen, dass gerade diese Berufe sehr gut mit einer Familie vereinbar sind. Die Art der Tätigkeit erlaubt eine viel flexiblere Zeiteinteilung als in den meisten anderen Bereichen eines Unternehmens. Ich denke aber, dass diese Frage auch aus einer anderen Richtung gestellt werden sollte. Welche Vorteile bringen Frauen für IT-Abteilungen? Denn ich bin davon überzeugt, dass Vielfalt immer wertvoll ist, und zwar in jeder Form. Gerade bei innovativen Digitalisierungsprojekten wie bei VERBUND können Frauen andere Perspektiven einbringen, die sehr hilfreich sein können, um eingefahrene Probleme zu lösen.
Motivierende Worte für den Nachwuchs und Quereinsteigerinnen
Ich denke, es ist an der Zeit, dass technikinteressierte Frauen sich einfach trauen, den Schritt zu wagen. Persönlich kann ich in diesem Zusammenhang nur empfehlen, selbst über den gesellschaftlichen Tellerrand hinauszuschauen und bewusst die Augen nach Möglichkeiten und Chancen offen zu halten. Zeigen Sie Mut, lassen Sie sich nicht von Vorurteilen einschüchtern und machen Sie einfach das, was Ihnen Spaß macht, ohne sich Gedanken darüber zu machen, was andere vielleicht denken.